Immer wieder werde ich – privat und beruflich – gefragt, ob und wann man eigentlich einen Ehevertrag schließen sollte. Die Antwort ist nicht so einfach, denn es gibt viele Konstellationen, in denen ein Ehevertrag sinnvoll ist. Was sich aber pauschal sagen lässt: Wer eine Heirat plant, sollte sich vorher über die rechtlichen Konsequenzen informieren und mit seinem Partner oder seiner Partnerin darüber sprechen, ob diese so gewünscht sind oder ob Regelungsbedarf besteht.
Ein paar Beispiele. Wussten Sie, dass…
- … im Fall einer Scheidung sämtliche Versorgungsanwartschaften, die Sie und Ihr Ehegatte / Ihre Ehegattin während der Ehe erworben haben, einschließlich privater Altersvorsorgeverträge auf Rentenbasis („Riester-Rente“) geteilt werden?
- … die Wertsteigerung einer geerbten Immobilie oder einer von Ihnen betriebenen Firma (dies kann auch eine kleine Werbeagentur in Ihrem Wohnzimmer sein) zu Ausgleichsansprüchen im Fall einer Scheidung führen kann?
- … Sie ohne Zustimmung Ihres Ehepartners / Ihrer Ehepartnerin nicht über Ihr Vermögen im Ganzen (also alles, was ca. 90% Ihres Vermögens ausmacht) verfügen können, auch nicht nach einer Trennung?
- … nacheheliche Unterhaltsansprüche durch die Unterhaltsreform 2008 stark eingeschränkt wurden, im Gesetz hinsichtlich Höhe und Dauer nicht konkret geregelt sind und die Ausgestaltung der Rechtsprechung obliegt und stark vom Einzelfall abhängt?
Diese Liste ließe sich noch lange fortführen. Viele Mandantinnen und Mandanten sind erstaunt, wenn ich ihnen im ersten Beratungsgespräch aufzeige, welche rechtlichen Konsequenzen eine Eheschließung hat und welche Gestaltungsmöglichkeiten es gibt.
Leitbild des deutschen Eherechts ist immer noch die klassische „Alleinverdienerehe“, was sich insbesondere in den Regelungen zum Güterrecht und zum Versorgungsausgleich widerspiegelt. Auch wenn viele Paare dieses Modell nicht mehr leben (wollen), zeigt sich aber in der gesellschaftlichen Realität, dass, wenn Kinder im Spiel sind, oft einer der Ehepartner (meistens immer noch die Frau) einen größeren Teil der Betreuungsarbeit übernimmt und beruflich kürzer tritt. In diesen Fällen bieten die gesetzlichen Regelungen eine gewisse Absicherung und sind daher sachgerecht. Ein vollständiger Verzicht etwa auf Zugewinnausgleich oder Versorgungsausgleich setzt voraus, dass die Eheleute es tatsächlich schaffen, ihre Ehe gleichberechtigt zu gestalten und im Fall der Scheidung finanziell unabhängig zu sein. Dennoch kann es sinnvoll sein, die Vorgaben zu konkretisieren, insbesondere im Unterhaltsrecht.
In folgenden Fällen (die Aufzählung ist nicht abschließend) sollten Sie den Abschluss eines Ehevertrages in Betracht ziehen:
- Sie sind selbständig und/oder besitzen eine Immobilie oder werden voraussichtlich eine Immobilie vererbt oder übertragen bekommen.
- Sie wollen als Ehegatten Ihre finanziellen Verhältnisse strikt getrennt halten – entweder planen Sie eine kinderlose Ehe oder Sie wollen Kinder und sind sich einig und sicher, dass Sie die Betreuungsarbeit und die beruflichen Einschränkung absolut paritätisch aufteilen wollen und können.
- Sie wollen Kinder und planen eine Familienkonstellation, in der einer der beiden Ehegatten beruflich stark kürzer tritt oder sogar ganz zu arbeiten aufhört – in diesem Fall sollten Sie die Unterhaltsansprüche im Fall einer Scheidung genau regeln, damit der betreuende Ehegatte abgesichert ist.
Es gibt noch zahlreiche weitere Konstellationen, in denen der Abschluss eines Ehevertrages Sicherheit bietet und Streit vermeidet. Ein Ehevertrag ist nicht „unromantisch“, sondern kann vernünftig sein und im Fall einer Scheidung – den niemand will, der aber, wie uns die Statistik lehrt, eintreten kann – den klassischen „Rosenkrieg“ vermeiden.
Informieren Sie sich über das Thema und sprechen Sie mit Ihrem Partner / Ihrer Partnerin darüber. Gerne können Sie bei uns (alleine oder zu zweit) einen Termin für ein erstes Beratungsgespräch vereinbaren, um abzuklären, ob ein Ehevertrag für Sie in Frage kommt.